pax christi Begegnungstag in Armstorf 2015
05. Okt 2015
Seit vielen Jahren organisiert die Bistumsstelle im September ein Begegnungs-Wochenende, das Motto der jeweiligen Friedensdekade bildet die Grundlage unserer Gespräche.
Wieder einmal zu Gast im Bildungshaus der Franziskannerinnen in Armstorf nahmen 18 Friedensbewegte Anfang Oktober an unserem Begegnungswochenende teil.
Das diesjährige Motto der Friedensdekade behandelt ein politisch hochaktuelles Thema.
Zunächst beschäftigten wir uns am Freitagabend mit unseren eigenen persönlichen Grenzerfahrungen und erweiterten am Samstagmorgen das Thema mit einer kurzen Bibelarbeit. Britta Reinhardt ermöglichte uns den Zugang zu dem etwas sperrigen Text aus dem Mathäus-Evangelium, 15,21-28. Eine für manche unbekannte Bibelstelle, die einen menschlichen Jesus mit Grenzerfahrungen aufzeigt. Ich empfehle, diesen Text einmal nachzulesen.
Grenzerfahrung, ein Thema, mit der sich die Dorfener Flüchtlingshilfe in ihrer Arbeit schon seit über einem Jahr auseinander setzt (www.fluechtlingshilfe-dorfen.de).
Adalbert Wirtz, Initiator dieser Flüchtlingshilfe, ermöglichte uns eine Begegnung mit Betroffenen.
So kamen wir am Samstagvormittag auch ins Gespräch mit 17 Gästen: Flüchtlinge aus Pakistan, Nigeria, Kaschmir, Senegal und Afghanistan zusammen mit einigen HelferInnen.
An Hand von Bildern haben sie uns ihre Grenzerfahrungen geschildert, sei es auf der Flucht selbst, sei es in unserem Land. Fluchtursachen wurden sehr deutlich angesprochen, „unsere Mitschuld“ machte betroffen.
Auch mich beeindruckte die Offenheit, mit der unsere Gäste teilweise ihre Schicksale schilderten.
Die Textbeiträge wurden jeweils in Englisch, Französisch und Deutsch übersetzt.
Das gemeinsame Mittagessen verstärkte abschließend den Austausch untereinander.
Grenzerfahrungen sollen uns nicht zum Aufgeben veranlassen, sondern zum Handeln ermutigen. So wurden am Samstagnachmittag konkrete Handlungsmöglichkeiten erarbeitet.
Die Dorfener Flüchtlingshilfe praktiziert schon seit längerem eine Aufklärung in der Bevölkerung und stärkt damit das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Helfens.
Darüber hinaus ist es wichtig, mit Politikern ins Gespräch zu kommen, bevor z.B. Grenzen wieder geschlossen werden.
In Veranstaltungen sollte über die Fluchtursachen weitergehend informiert werden und dazu gehört auch eine offene Diskussion über die Folgen unseres Wirtschaftssystems verbunden mit unserem Waffenexport.
Ein gemeinsames Handeln, eine Vernetzung mit anderen Gruppen innerhalb wie außerhalb der Kirchen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen, stärkt unsere Initiativen.
Pax christi plant, nächstes Jahr beim Bennofest über und mit Flüchtlingen sowie über Fluchtursachen zu informieren.
Monika Schwarzenböck gestaltete und feierte mit uns den Abschlussgottesdienst. Wir haben unsere Grenzerfahrungen vor Gott gebracht und wurden gestärkt zum Überwinden von Grenzen und damit zum Handeln.
Durch die Begegnung mit Flüchtlingen bekam unser Wochenende eine neue Bedeutung.
Martin Pilgram hat die Begegnungen teilweise mit der Kamera aufgezeichnet. Ein kleiner Film soll später Interessierten einen Einblick von diesem beeindruckenden Wochenende geben.
Gabriele Hilz
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Begegnung mit
Flüchtlingen an unserem Wochenende in
Armstorf
Ja, es ist richtig, bei unserer Arbeit mit und für
Flüchtlinge erfahren wir unsere Grenzen. Aber je mehr ich um die Fluchtursachen
und Hintergründe weiß, umso stärker wird mein Engagement, meine
selbstgesteckten Grenzen erweitern sich.
Wir von pax christi konnten viel über die Grenzerfahrungen
der Flüchtlinge hören. Manche der Flüchtlinge haben erstaunlich offen von ihren
Fluchtgründen erzählt:
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Ein Bauer aus Nigeria kommt zu uns, bittet um
Aufnahme, seine Felder sind vermint, zerstört.
-
Der Lehrer aus Afghanistan verliert beim
Bombardement auf seine Schule eine Hand, flieht mit Frau und zwei Kindern übers
Meer, wirft, damit das Boot nicht untergeht, den Rucksack mit den letzten
vertrauten Dingen ins Wasser, dann erreichen sie Europa.
Andere konnten nicht über ihre Erlebnisse sprechen, aber:
Ein Schwarzafrikaner, ganz jung mit traditionellem
Haarschopf spielte für uns auf seiner kleinen ramponierten Trommel, entlockt
ihr frische, flotte, manchmal auch wehmütige Klänge.
Das Flötenspiel eines Pakistani lockt unsere Sinne gleich
fort in mystische Welten, er spielt seine heimatlichen Rhythmen.
Sie haben nichts, nur die verlorene Heimat im Herzen, ein
Handy um den Fluchtweg organisieren zu können, klammern sich an ihre Kultur,
die trägt man nicht im Rucksack mit sich herum.
Schicken wir sie zurück oder wollen wir ihnen helfen? Einige
sagen schon wieder, das Boot sei voll. Machen wir unsere eigenen Erfahrun-gen
und erweitern die eigenen Grenzen, dann können sich Spielräume ergeben zum
Wohle aller! Auch Jesus war Lernender und Handelnder und erweiterte seine
Grenzen (siehe Mt 15, 21-28).
Adalbert Wirtz